Misterioso

Buchseite und Rezensionen zu 'Misterioso' von Arne Dahl
3.5
3.5 von 5 (2 Bewertungen)

Inhaltsangabe zu "Misterioso"

Hochbrisant und top secret -- eine Spezialaufgabe für ein Sonderkommando: drei Morde nach gleichem kaltblütigen Muster, drei Geschäftsmänner brutal hingerichtet. Inspektor Paul Hjelm, verheiratet, zwei Kinder, ermittelt: Russische Mafia? Organisiertes Verbrechen?

Als bester schwedischer Thriller des Jahres wurde Dahls erster Paul-Hjelm-Krimi gelobt, gar auf eine Stufe mit Åke Edwardson und Håkan Nesser gestellt. Verdient hat er's ganz sicher, denn es dauert nur wenige Seiten und man wird zum stillen Mitglied in jenem "handverlesenen" Sonderkommando. "Eine Art ritualisierte Hinrichtungsmethode mit Wiedererkennungseffekt?". Wer waren die drei Männer, hatten sie gleiche Freunde, Feinde, Geschäfte, Hobbys? Minutiös werden Recherchen geschildert, Details bleiben nicht unerwähnt, fast pedantisch genau wird der Fall literarisch seziert; das klingt dröge, ist es aber nicht. Im Gegenteil: "Man stößt ständig auf neue Verästelungen... neue Triebe, die aus den Stengeln sprießen" -- je sachlicher und distanzierter die Schilderungen, desto spannender und fesselnder die Stimmung.

Fünf Männer und eine Frau im Sonderteam, "und sie wissen, was auf dem Spiel steht", ganz unterschiedliche Charaktere, gut heraus gezeichnet, individuell, jeder mit nachvollziehbaren Absichten handelnd, dynamisch in der Gruppe. Ein gelungenes Potpourri.

Ein gewöhnlicher Fall ist es nicht, Arbeit, Einsatz und Gefahr gehen weit über andere Ermittlungen hinaus; an Gesellschaftskritik wird nicht gespart: "Was bis vor wenigen Jahren echten Verbrechern vorbehalten war, Geldwäsche, Geldschieberei... sind inzwischen salonfähige Geschäftsfelder." Wenn die Toten "Kapitalisten der neuen Sorte waren, nichtproduzierende Wirtschaftskapitäne", wo sind dann die Täter zu suchen?

Und dann ist da noch ein Saxofonstück, das eine große Rolle spielt, "er könnte das Stück wieder und immer wieder hören" -- aber wer? Der Täter? Der Mörder? --Barbara Wegmann

Autor:
Format:Taschenbuch
Seiten:352
Verlag: Piper
EAN:9783492239929

Rezensionen zu "Misterioso"

  1. Ein Ermittler auf der Suche nach sich selbst

    Kurzfassung

    ​In Schweden werden hochrangige Geschäftsleute ermordet. Der Täter verschafft sich Zugang zu ihren Häusern und wartet nachts geduldig darauf, dass sie allein nach Hause kommen. Er tötet sie durch zwei gezielte Kopfschüsse, entfernt anschließend die Kugeln und verschwindet ungesehen.
    Währenddessen beendet Paul Hjelm, ein Polizist in Stockholm, eigenmächtig eine Geiselnahme. Von der Presse als Held gefeiert, versucht die Innenrevision an ihm ein Exempel zu statuieren: Hjelm sieht sich am Ende seiner Karriere. Doch da taucht plötzlich Jan-Olov Hultin auf und bietet ihm die Chance, in einer völlig neuen Ermittlereinheit zu arbeiten, der sogenannten A-Gruppe. Deren erster Fall: die von der Presse als Machtmorde betitelten Tötungen schwedischer Geschäftsleute.

    ​Handlung

    ​Die Ermittlungen der A-Gruppe führen zu völlig unterschiedlichen Ansatzpunkten: was hatten diese Geschäftsmänner gemeinsam? Haben die Morde etwas mit der Mitgliedschaft in Geheimorden zu tun? Steckt die Mafia dahinter? Geht es um Wirtschaftskriminalität? Und was hat es mit dem Musikstück Misterioso des Jazzmusikers Thelonious Monk auf sich, das an einem der Tatorte gefunden wird? Während der Suche nach Antworten wird nach und nach klar: der Schlüssel zum Motiv des Mörders liegt in der gemeinsamen Vergangenheit der Opfer.

    ​Charaktere

    ​In „Misterioso“ begegnen dem Leser eine Vielzahl von Charakteren, die dazu führen, dass man schnell den Überblick verlieren kann. Zusätzlich geht Arne Dahl einen ganz eigenen Weg, dem Leser die Protagonisten nahezubringen: die Figuren werden nicht in der klassischen Form eingeführt und vorgestellt, sondern bekommen erst nach und nach ihre Gestalt und Eigenheiten. Dabei bleiben viele Fragen offen. Nach Ende des Buches habe ich nicht das Gefühl, sie schon wirklich gut zu kennen.
    Das scheint vom Autor so gewollt, denn eine ganz klare Botschaft seines Buches ist, dass man niemals jemanden so ganz kennt. Zumal die Ermittler selbst, allen voran Paul Hjelm, neben der Jagd auf den Mörder auf einer weiteren Suche sind, nämlich der nach sich selbst. In der Mitte des Lebens stehend, mit zwei pubertierenden Kindern und einer kriselnden Ehe, versinkt Hjelm so manches Mal in Selbstzweifeln und (erotischen) Tagträumen. Mir gefällt, dass Arne Dahl seine Figuren in vielen Schattierungen zeichnet, so dass es kein Schwarz-Weiß-Denken gibt: Täter, Opfer und Ermittler sind nicht in Gut und Böse eingeteilt, es gibt keine klassischen Helden wie in anderen Kriminalromanen, sondern die handelnden Personen sind Menschen wie Du und ich, mit Stärken, Schwächen, Ängsten und Sehnsüchten.

    ​Schreibstil

    ​Bei Arne Dahls Roman "Misterioso" handelt es sich um einen Kriminalroman, der sich durch sein sprachliches Niveau von anderen Thrillern und Krimis ganz klar abgrenzt. Der Stil des Autors ist anfangs gewöhnungsbedürftig, die Gespräche der Personen verlaufen oft kryptisch und es sind die kleinen Zwischentöne, die die Entwicklung der Figuren voranbringen.

    ​Fazit

    ​"Misterioso" ist für mich kein Buch für den Strand oder für den Abend nach einem anstrengenden Tag, denn Arne Dahl verlangt dem Leser einiges an Konzentration und Hingabe ab. Während des Lesens musste ich mich sehr in Geduld üben, weil die Entwicklung der Figuren und der Geschichte sich in einem ganz eigenen Tempo vollziehen. Doch das Durchhalten wurde am Schluss durch die Zusammenführung der unterschiedlichen Handlungsstränge mehr als belohnt.

    Dennoch hat das Buch seine Schwächen: die endlosen Aufzählungen der Straßennamen und Fahrtrouten sind für mich mehr als ermüdend. Vielleicht begeistern sich Ortskundige für diese Beschreibungen, mich jedoch reißen sie aus dem Lesefluss. Und obwohl „Misterioso“ eine abgeschlossene Geschichte in sich ist, bleiben bei mir noch viele Fragen offen, vor allem das Ermittlerteam betreffend. Ich hoffe, dass einige davon in den Fortsetzungen geklärt werden, denn am Ende dieses ersten Buches fühlt es sich für mich noch unvollständig und lückenhaft an.